Tribunal fordert Dokumentationszentrum zum NSU-Komplex


Bundesweites Bündnis fordert Dokumentationszentrum zum NSU-Komplex in Zwickau

Zwickau, 03.11.2019 – Im sächsischen Zwickau, dem Ort wo das NSU-Kerntrio über viele Jahre Unterschlupf und Unterstützung fand, soll ein Dokumentationszentrum zum NSU-Komplex entstehen. Das fordert ein Bündnis aus lokalen und überregionalen Gruppen und Initiativen. Das Dokumentationszentrum soll als Gedenkort die Opfer und deren Angehörigen in den Mittelpunkt rücken, Raum für Austausch und Begegnung bieten und eine nachhaltige Aufarbeitung und Bildungsarbeit zum NSU-Komplex sicherstellen.

Ein Nachhaltiger Lern-und Gedenkort 
„Die Verstetigung der NSU Aufarbeitung braucht in Sachsen eine Institutionalisierung in Form eines Dokumentationszentrums. Somit könnte eine langfristige Forschungsstelle, ein Archiv und ein Bildungsträger für die Thematik geschaffen und eine breitenwirksame gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex realisiert werden“ sagt Hannah Zimmermann, Soziologin und Projektleiterin von dem NSU-Aufarbeitungsprojekt „Offener Prozess“ aus Chemnitz. Neben der Möglichkeit, lokalen, bundesweiten und internationalen Ausstellungsprojekten Raum zur Auseinandersetzung mit dem NSU und rechtem Terror zu geben, soll an das Zentrum ein Archiv angeschlossen sein, welches Medien, Wissenschaft und Bildungsträgern Recherchemöglichkeiten zu den Hintergründen des NSU-Terrors bietet. „Zwickau ist ein Ort bundesweiter Bedeutung für die Aufarbeitung der NSU Verbrechen. Die Stadt Zwickau ist gefragt, mit dem Land Sachsen und dem Bund, eine Finanzierung sicherzustellen. Damit würde ein Ort geschaffen, wo die Betroffenen emanzipierte Gesprächspartner*innen und Expert*innen sein können“, fordert Danilo Starosta vom Kulturbüro Sachsen. Als Standort wird die Frühlingsstraße favorisiert, der letzte bekannte Aufenthaltsort des NSU-Kerntrios.
Gedenken an NSU-Opfer in Zwickau
Die Stadt Zwickau organisiert heute eine Gedenkveranstaltung und pflanzt zehn Bäume in Gedenken an die zehn bekannten Opfer des NSU-Netzwerks. Das Tribunal ‚NSU-Komplex auflösen’ nimmt an der Veranstaltung teil. Pressesprecher Tim Klodzko: „Es ist wichtig, dass die Stadt Zwickau als Stadt, in der der NSU seine Operationsbasis hatte, ihrer Verantwortung für ein Gedenken bewusst wird. Mit Bedauern haben wir aber feststellen müssen, dass die Opfer der Anschläge und die Angehörigen der Mordopfer des NSU gar nicht erst eingeladen worden sind. Bei einem Gedenken an Opfer rassistischer Gewalt müssen die Perspektiven der Betroffenen im Mittelpunkt stehen.“
Bei einem Stadtrundgang durch Zwickau im Rahmen des dritten zivilgesellschaftlichen Tribunals ‚NSU-Komplex auflösen’ besuchten die Teilnehmenden nach der Gedenkveranstaltung Orte der Täter*innen und gedachten der Opfer. Im Anschluss wurde ein Interims-Dokumentationszentrum zum NSU-Komplex eröffnet und die Forderung nach einem Dokumentationszentrum in die Öffentlichkeit getragen. Auf einer Podiumsdiskussion drückte Mitat Özdemir von der Initiative Herkesin Meydanı / Platz für Alle, die ein Mahnmal an der Kölner Keupstraße fordert, seine Solidarität mit dem Vorhaben eines Gedenk- und Dokumentationsortes aus.

Drittes Tribunal ‚NSU-Komplex auflösen’ geht erfolgreich zu Ende
Mit den Aktivitäten in Zwickau geht das dreitägige Tribunal ‚NSU-Komplex auflösen’ zu Ende. Über 800 Menschen aus Sachsen und dem ganzen Bundesgebiet kamen unter dem Motto „Solidarität verteidigen – wir klagen an“ zusammen, um sich in Workshops, Panels, Stadtrundgängen, Lesungen und anderen Formaten über antirassistische, antifaschistische und migrantische Perspektiven auf strukturellen Rassismus auszutauschen. Neben dem Gedenken an Opfer rassistischer Gewalt, wurden Täter*innen und Verantwortliche namentlich angeklagt. Ziel auch des dritten Tribunals, nach den Tribunalen 2017 in Köln und 2018 in Mannheim, ist die „Gesellschaft der Vielen“ als gesellschaftliche Realität und Vision zu stärken.

Pressekontakt 
Tribunal ‘NSU-Komplex auflösen‘
media@nsu-tribunal.de

Mehr Infos: www.nsu-tribunal.de/newsroom

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